…geschrieben von David und Brigitte Kahan (Friends of the Forest)
Kommt’s hart auf hart, kommt die Goslarer Jugendfeuerwehr in Fahrt (und die CvDler)
Die Wanderung am 24. Oktober zur Beschaffung von Spenden für die Stadtforst Goslar hätte ein Debakel werden können. Ursprünglich für Anfang November geplant, teilte das Stadtforst mit, dass an diesem Wochenende eine große Treibjagd geplant sei. Die Wanderung musste vorverlegt werden. Ein begeisterter Lehrer, der bereit gewesen war, eine Schulklasse mitzubringen, musste stationär ins Krankenhaus. Der 24.10. war der letzte Tag der Schulferien. Sogar Mutter Natur schien etwas gegen die Wanderung zu haben. Am Tag zuvor machten die Wanderführer eine Vorwanderung, bei der Dutzende von Pfeilen gesprüht wurden, damit die verschiedenen Staffelgruppen nicht verloren gingen. Laut Wetterbericht bestand die Möglichkeit von 10 Regentropfen. Es goss aus Eimern und spülte die Pfeile weg.
Wenn man Probleme hat, „wen ruft man an?“ Nein, nicht „die Ghostbusters“ (Lied aus dem Kultfilm 1984), sondern die Jugendfeuerwehr. Oder die Diakonie. Einige Mitarbeiter der Diakonie waren in ihrer Freizeit mit dabei.
Oder das Christian-von-Dohm-Gymnasium (CvD). Der Leitspruch des CvD Gymnasiums lautet „Leistung in sozialer Verantwortung“. Lehrer Rinke motivierte die Schüler vom CvD an der Benefizwanderung teilzunehmen. Und sie taten es.
Jan Sievers Jugendwart der Freiwilligen Feuerwehr Goslar beeindruckte mit seinem Team junger Feuerwehrleute. Erstaunlich, wie gut organisiert und hoch motiviert sie waren, so als handele es sich bei der Wanderung und Spendensammlung um eine ernste Situation.
Kurz vor 10 Uhr waren 31 junge und jung gebliebene, unerschrockene Wanderer und vier Wanderführer bereit, das Dörpketal zu besteigen. Nicht ganz so bekannt wie Rammelsberg, jedoch ist das Dörpketal nicht weniger wichtig. Es ist Teil eines 4.3 km² Wasserschutz- Wasserspeicher Gebiet.
Jedoch droht eine mögliche unterirdische Gefahr. Geht man den Weg ca. 50 Meter hinauf durch das Dörpketal, kommt man zum Gelenbeckor Stollen. Nach Angaben von GZ „sickerte Wasser durch den Rammelsberg ins Grubenwasser (Zink, Cadmium, Blei) und floss dann quer durch den Berg
zum Bollrich (ehem. Erzaufbereitungslage) in Richtung Oker und von dort weiter ins Absetzbecken.“ Herr Sievers versicherte seinen Zuhörern, dass die Feuerwehr jedes Leck beseitigen kann.
Die Geschichte des Goslarer Stadtforst
Dörpketal ist geschichtsträchtig: Ab 1050 wurde so viel Silber aus dem Bergwerk in Rammelsberg geschleppt, dass den Leuten schwindelig wurde. Silber führt zwar zu Reichtum, hält aber nicht warm, trocken und bequem. Dafür braucht man Holz. Bauwesen, Landfahrzeuge, Schiffsbau, Werkszeug, Brennstoff – dies waren nur ein paar Dinge, für die Holz verwendet wurde.
Mit der wachsenden Bedeutung des Bergwerks und der Stadt Goslar, ungefähr um 1290, wurde auch der Wald immer wichtiger. So ähnlich wie bei „Game of Thrones“, jedoch ohne Drachen, könnte man sich vorstellen, wie Parteien um den Besitz verschiedener Waldparzellen kämpften – mit Mord und Totschlag. Oder wie Dokumente aus dem Stadtarchiv Goslar belegen „es gab Streitigkeiten zwischen den Kontrahenten, die schließlich mit Gewalt entschieden wurden.“
1552 verlor Goslar die Hoheit über die Forst im Dörpketal. Bis ins 19. Jahrhundert kontrollierte die Forstpolizei Braunschweig den Wald. Goslarer mussten einen speziellen Pass vorweisen, um in die Forst einzutreten. Für die ursprünglichen Goslarer bleibt immer noch das Gefühl, dass, wenn
etwas Schlimmes passiert ist, Braunschweig letztlich dahinter stecken muss. Es heißt, dass manche Goslarer Mütter ihren Kindern immer noch sagen: „Wenn du dich nicht benimmst, kommt der Braunschweiger und holt dich.“
Der 18. September sollte eigentlich ein Feiertag in Goslar werden. Am 18.9. 1889 wurde ein Staatsvertrag geschlossen und unterzeichnet, der den gesamten Wald an die Stadt zurückgab.
Außerdem ist Dörpketal eines der wichtigsten Schlachtfelder der Wiederaufforstung. Auf den ersten hundert Metern ist der Wald noch intakt und vermittelt den Eindruck, er sei gesund. Dann kommt der Hammer.
Dort links bietet sich ein Anblick der Zerstörung. Es ist das Tal der toten Bäume, ähnlich wie in einer Nachkriegszeit. Geht man einen Weg talaufwärts, sieht man auch auf der rechten Seite – Ostflanke Rammelsberg – einen deutlichen Kahlschlag. Das Tal auf der linken Seite führt nach oben und fällt nach hinten ab. Man kann die obere Hälfte nicht sehen. Der obere
Teil, erste Hälfte des Giengelsberg, 600 m lang, ist reiner Kahlschlag, die andere Hälfte sind tote Bäume. Auf der linken Seite ist Dörpketal ein kilometerlanges Tal mit gerodeten oder absterbenden Bäumen. Einige der Jugendlichen kommentierten:
„Es war erschreckend zu sehen, was für ein großer Teil des Waldes zerstört ist. Man ging das Tal hinauf. Schaute man links oder rechts, sah man nur tote Bäume“. (Julias)
„Es hat Spaß gemacht, die Wanderung durchzuführen, aber es war schlimm zu sehen, wie die Bäume sterben.“ (Emil)
„Es war bedrückend, die leeren Flächen und toten Bäume zu sehen.“ (Benjamin)
„Es ist nur traurig, was der Borkenkäfer mit unserem Forst getan hat. Ich bin froh, dass ich hier mit gemacht habe, um unseren Forst wieder zu retten.“ (Luca)
Das Dörpketal hinauf ist für ungeübte Wanderer ein anstrengender Anstieg. Statt eines sanft gewundenen Weges geht es von rund 350 auf 600 Höhenmeter hinauf. Wenn die Gruppen eine Pause machten, dann nur, um über den Wald zu diskutieren, nicht etwa weil jemand müde war.
Die Jugendlichen stellten eine Reihe von Fragen, z.B. warum sind es Fichten, die tot sind. Es war auch interessant zu beobachten, wie Herr Sievers seine Gruppe in eine heuristische Analyse einbezog. Ein Jugendlicher saß auf einem toten Ast. Es wurde die Frage gestellt: „Besteht die Gefahr eines Waldbrandes?“ Herr Sievers leitete die Analyse. Ja, der Ast könnte Feuer fangen, aber er würde sich nicht sehr weit ausbreiten, da die umliegenden Bäume gesund sind und der Boden zu feucht.
Schließlich kam die Gruppe am Rammseck an mit einem grandiosen Blick über die Stadt. Für zwei der älteren Wanderer war es das erste Mal, dass sie überhaupt wanderten. Es war wunderbar zu sehen, wie glücklich sie über das waren, was sie erreicht und erlebt hatten. Einer der Wanderer bemerkte später: „Die Wanderung selbst, mit den netten Teilnehmern, hat mir viel Spaß gemacht – obwohl sie anfangs sehr anstrengend war.“
Es war an der Zeit, aufzubrechen auf den teilweise recht steilen und nach dem Regen etwas rutschigen Rückweg. Alle schafften es bei guter Gesundheit und guter Laune nach unten.
Sechs Kilo Kuchen und Muffins sowie Schnitten und Getränke warteten auf uns. Herr Kersting vom Berufsföderungswerk hatte der Gruppe Biertisch und Bänke geliehen. Die Feuerwehrjugend legte eine Plane aus und machte es sich bequem.
Für mich war der Umgang mit den Jugendlichen von Feuerwehr und CvD erfreulich. Sie hatten bereits die kommunikativen und sozialen Kompetenzen, die ich oft bei Erwachsenen vermisse.
Ein weiterer Höhepunkt des Tages wartete auf die Gruppe. Eva J. saß dort auf einem Stuhl und deckte sich warm mit einer Decke zu. Eva war eine von Goslars Kulturfrauen. Als junge Frau half sie bei der Wiederaufforstung der Stadtforst. In Niedersachsen haben Frauen 60.000 ha Forsten mit ca. 24 Millionen Bäume bepflanzt. Fährt man von Goslar bis nach Clausthal steht kurz vor der scharfen Kurve, die zum Glockenberg ansteigt, der Wald, den Eva gepflanzt hat.
Am Ende der Wanderung war die Spendenbox gefüllt mit € 565,- zur Pflanzung eines Mischwaldes in der Kosten sparenden Pflanzmethode der Klumpenpflanzung (Bauminseln).